„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lutherbibel 2017)
„Werdet barmherzig, so wie euer Vater barmherzig ist!“ (Gute Nachricht Bibel 2018)

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Gemeinde,

wir alle kennen den Gedanken, füllen ihn: Wir schenken einander etwas (zu Weihnachten zum Beispiel), weil Gott uns so reich beschenkt hat. Und auch, weil wir einander wertvoll sind und unsere gemeinsame Zeit als ein Geschenk empfinden. Die Dankbarkeit führt über das Denken zum Schenken. Wir empfangen und geben.

Dieses Nehmen und Geben sind wie die Vorder- und die Rückseite einer Münze. Nur zu geben oder nur zu nehmen ist auf Dauer nicht möglich. Im Vaterunser beten wir so: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben denen, die an uns schuldig geworden sind. Dieser tiefere Zusammenhang ist unauflöslich. Wem vergeben wird, kann vergeben. Wer beschenkt wird, kann schenken. Wem viel vergeben wird, empfindet tief, liebt viel.

So ist es auch mit der Barmherzigkeit. Wir begegnen einem Gott, der barmherzig ist. Sein Erbarmen hört nie auf. Seine Barmherzigkeit und seine Güte sind immer wieder neu. Manchmal stellen wir das in Frage, weil der Schmerz, die Trauer, das Erschrecken uns erfassen. Es gibt so viel Schreckliches, Trauriges und Schmerzhaftes in dieser Welt. Auch in unserem Leben. Aber ist das alles? Ist das die Summe unserer Erfahrungen oder das Ende dessen, was wir „Geschichte“ nennen? Ist unsere Lebensgeschichte lediglich Schmerz, Traurigkeit und Schrecken? Oder gibt es nicht mindestens so viel Glück, Freude und Erfüllung? Ist diese ganze Welt, der gesamte Kosmos nicht zuerst einmal das: ein Wunder an Schönheit?!

Auch in 2021 wird es viel zu beklagen geben. Wir werden aber mindestens genauso viele Gründe haben, dankbar zu sein. Ob Gottes Barmherzigkeit sich hauptsächlich so zeigt, wie wir sie erwarten? Leben können wir nur vorwärts. Verstehen gelingt eher rückwärts, manchmal auch gar nicht. Mit diesen Fragen gehen wir dann weiter. Gott wird uns nicht überfordern. Er ist barmherzig. Wir wollen auch so werden, wollen versuchen so zu sein – weil Gott so zu uns ist. Warmherzig.

Peter Jörgensen