Editorial 31. Januar 2021

Freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind! (Lukas 10,20)

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich finde, das ist ein etwas zwiespältiger Rat, den Jesus da gibt. Auf der einen Seite denke ich: Natürlich freue ich mich darüber! Ist nicht der „Himmel“ – wie immer wir uns das konkret vorstellen – unser großes Ziel, die Hoffnung, aus der wir leben? Auf der anderen Seite weiß ich natürlich, wie sehr diese Hoffnung missbraucht wurde (und immer wieder missbraucht wird), um an den zum Himmel schreienden Zuständen auf dieser Erde nichts ändern zu müssen, weil ja „im Himmel“ alles gut wird.

Interessant ist der Zusammenhang, in dem Jesus diese Worte sagt: 72 seiner Jünger hatte er in Zweiergruppen „wie Schafe unter die Wölfe“ gesandt, um die Botschaft vom Anbruch des Gottesreiches zu verkünden (Lk 10,1-12). Zurückgekehrt hatten sie Großartiges zu berichten: von Dämonen, die sie besiegt hatten, von Geistern, die ihnen untertan waren. Die Jünger hatten Wunder erlebt und Kranke geheilt. Verständlicherweise waren sie begeistert und stolz (Lk 10,17). Doch Jesus weist sie zurecht: Nicht darüber sollen sie sich freuen, sondern darüber, „dass ihre Namen im Himmel verzeichnet sind“ (Lk 10,18-20).

Nicht unsere Erfolge sind es, die zählen. Nicht, was wir erreicht und geleistet haben. Selbst, wenn wir „im Auftrag des Herrn“ unterwegs waren. Was zählt, ist, dass wir „im Himmel“, also bei Gott, niemals vergessen sind. Wir als Personen, mit unseren Namen, mit unseren Lebensgeschichten. Alles ist aufgehoben bei ihm.

Am 27. Januar war der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Auch sie sind „im Himmel“ nicht vergessen. Und wir können dabei helfen, dass sie auch „auf Erden“ nicht vergessen werden (iremember.yadvashem.org). Damit Gottes Name geheiligt werde, sein Reich komme und sein Wille geschehe „wie im Himmel so auf Erden“.

„Freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!“ – Und vergesset einander nicht auf Erden.

Volkmar Hamp