Editorial 04. Juli 2020

Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Galater 6,2)


Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Gemeinde,

Paulus orientiert mittels eines Briefes die Christinnen und Christen in Galatien zur Geschwisterlichkeit. Und gleichzeitig warnt er sie davor, gesetzlich zu werden. Er hilft ihnen, eine christliche Ethik für den Alltag zu finden. Und er konfrontiert sie damit, dass es gar nicht so einfach ist, geistlich anspruchsvoll zu leben. Galater 5,22: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit; gegen all dies steht kein Gesetz.“

Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob ich versuche alles richtig zu machen, oder ob ich versuche anderen gerecht zu werden. Beim Versuch, Fehler zu vermeiden und alles richtig zu machen, bedenke ich mich ständig selbst und lauert hinter vielen Säulen die Selbstgerechtigkeit. Davor warnt Paulus hier ausdrücklich. Er lädt dazu ein, stattdessen mitfühlend aufeinander zu achten. Nicht richtend, andere verachtend. Sondern sie voller Liebe beachtend, um ihnen aufzuhelfen und ihnen ihre Lasten zu tragen.

Konkret bedeutet das, mutig die Verfehlungen anzusprechen und sich gegenseitig zu vergeben, also dem anderen die Schuld, die er sich aufgeladen hat, von der Schulter zu nehmen. Damit wir uns immer wieder neu aufrichten können, auch gegenseitig. Es ist keine Ethik der Vermeidung – sondern eine dynamische Lebensbewegung der Liebe. Das Gesetz Christi, die Schuld der anderen zu tragen, zu erfüllen … kann nur dann gelingen, wenn wir uns selbst von Christus tragen lassen. Denn je weiter wir miteinander gehen und je näher wir einander kommen, um so ohnmächtiger werden wir. Einer aber, Christus, trägt uns mit unseren Lasten, die wir einander von den Schultern genommen haben.

Peter Jörgensen