Editorial 04. Oktober 2020

Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn; denn wenn’s ihr wohl geht, so geht’s euch auch wohl. (Jeremia 29,7)


Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Gemeinde,

wegziehen und ankommen. Für viele Menschen eine Erfahrung, die schwer fällt. Zumindest nicht leicht. Der Auszug aus dem Elternhaus ist das eine. Das andere der Wechsel aus allen sozialen Bezügen in eine neue Umgebung. Der Umzug in eine andere Stadt. Eventuell sogar in ein fremdes Land mit einer gänzlich anderen Kultur. Wir alle haben solche Bewegungserfahrung, aus Beziehungen wegzugehen, neue Kontakte knüpfen zu müssen. Manchmal unfreiwillig.

Jeremia wendet sich mit seiner Botschaft an die unfreiwillig Verschleppten. Man hatte das Volk Israel deportiert. Von der Heimat weg in die Fremde, nach Babylon. Und von dort gibt es kein schnelles Zurück. Wie aber soll man leben, dort, mit denen, die fremd sind und in deren Gegenwart der Schmerz über das Verlorene Tag für Tag bestimmend ist? Liebe auf den ersten Blick wird es dort schwerlich geben. Es lohnt sich aber für beide Seiten, ein zweites und ein drittes Mal hinzuschauen, mit wem man nun zusammenlebt. Denn die empfundene Fremdheit bestimmt auc h die aufnehmende Gesellschaft in ihrem Verhältnis zu den neu Angekommenen.

Gönnt einander Gutes! Gebt euch gegenseitig Heimat, nehmt einander an, nehmt euch auf und miteinander vor, das Wohl aller, das Gemeinwohl, zu suchen. Lasst dabei niemanden zurück. Es geht nicht darum, aus dieser Welt und ihren Krisen zu fliehen. Sondern mitten in der Welt zu leben, mit allen anderen gemeinsam, den Bürger:innen dieser Stadt, dieses Landes. So sendet auch Christus seine Nachfolger:innen, mitten hinein in diese Welt, an die Seite derjenigen, die in berechtigter Sorge um ihr Wohlergehen sind. Dort gehören wir hin, zu den Menschen um uns herum. Für sie das Beste zu suchen, mit ihnen danach zu suchen, was das Beste ist, steht unter der Verheißung Gottes: Dann wird es euch auch wohl gehen.

Peter Jörgensen